~~ CHRISTLICH - SOZIALE POSITION ~~ ~~~ ~~~ INITIATIVE MENSCH & ARBEIT ~~~~~~~~~~~~~

Person: Subjekt der Gemeinschaft

II. Dimensionen der Gemeinschaft

Karol Kardinal Wojtyla


 




3. "Wir" - die soziale Dimension der Gemeinschaft

"... das "Wir" weist direkt auf eine Mehrzahl hin und nur indirekt auf die zu ihr gehörenden Personen. Das "Wir" bedeutet vor allem eine Gesamtheit von Menschen (Personen). Diese Gesamtheit, "Gesellschaft", "Gemeinschaft", "Gruppe" oder wie immer genannt, besitzt in sich kein substantielles Sein; vielmehr tritt nun der Bereich des Akzidentellen, eben der Beziehungen zwischen den Menschen in den Vordergrund... Wir wollen auch nicht über die "Gesellschaft" sprechen, sondern nur von der sozialen Dimension der menschlichen Gemein-schaft, jener, die  eben das Fürwort "Wir" anspricht. Dazu sei bemerkt, daß dieses Wort nicht nur eine Mehrzahl von Subjekten anzeigt, sondern auch eine besondere Subjektivität dieser Mehrzahl. Darin unterscheidet sich das "Wir" vom "Sie"... Die Beziehung vieler Ichs zum Gemeingut bildet offenbar den Kernpunkt der sozialen Gemeinschaft. Dank dieser Beziehung werden die Menschen, die ihr personales Subjektsein wie die faktische Vielheit der Subjekte erleben, sich dessen bewußt, daß sie zugleich darin dieses bestimmte "Wir" bilden; d. h.: sie erleben sich dadurch in dieser neuen Dimension, der sozialen, die sich von jener des "Ich-Du" unter-scheidet. Zwar bleibt die Person in dieser Dimension sie selbst, also auch "Ich" und "Du", doch die Bezugsrichung hat sich grundsätzlich geändert. Sie ist jetzt durch das Gemeingut bestimmt. So finden hier auch Ich und Du ihre gegenseitige Beziehung dank dem Gemeingut, das eine neue Einheit zwischen ihnen stiftet.


 

 

... Die Konstitution des konkreten Ichs in seiner personalen Subjektivität geschieht auf besondere Weise dadurch, daß es "gemeinsam mit anderen" ist und handelt, in sozialer Gemeinschaft, in der Dimension verschiedener Formen von "Wir". Das geschieht anders als im Bezug von "Ich-Du", entscheidend wirkt hier die Beziehung zum gemeinsamen Gut. Durch sie erlangt das konkrete Ich eine andere Bestätigung seiner personalen Subjektivität als durch den zwischen-menschlichen Bezug.  Doch diese Bestätigung des Subjekts Ich im gemeinsamen Wir entspricht zutiefst seiner Natur... Seinem Wesen nach stellt das Wir keine Minderung oder Verunstaltung des Ichs dar. Daß es in Wirklichkeit dennoch oft dazu kommt, muß seinen Grund in der Beziehung zum Gemein-Gut haben.  Diese Beziehung kann in verschiedener Weise fehlerhaft sein - sowohl von seiten ein es oder mehrerer menschlicher Ich als auch von dort her, was ihnen als Gemein-Gut vorgestellt worden ist..."


 

 

... Was das Gemeinwohl für die Ehe oder Familie bildet, macht es nicht auch für ein Volk aus, und wiederum anders ist es für die Menschheit sowie in ihrem Bereich für eine jede menschliche Gesellschaft oder soziale Gruppe, in der das menschliche  Wir sich ebenfalls auf analoge Weise verwirklicht. Doch in allen diesen Verwirk-lichungen entspricht das Gemeinwohl der Transzendenz der Personen, es bildet die objektive Grundlage, auf der Personen, es bildet die objektive Grundlage, auf der Personen sich in sozialer Gemeinschaft als Wir konstituieren...
Grundsätzlich gehört  die soziale Dimension der Gemeinschaft unverkürzt zum Streben des Subjekts nach Selbstverwirklichung. Das Gemeingut hat als objektive Grundlage dieser Dimension eine größere Wertfülle als das Einzelgut eines jedes Ichs in der betreffenden Gemeinschaft. Es ist ein übergeordnetes Gut und ent- spricht eben als solches der subjektiven Tranzendenz der Person. Der überge-ordnete Wert des Gemeingutes beruht letzthin darauf, daß das Gut eines jeden Subjekts der Wir-Gemeinschaft im Gemeingut einen vollkommeneren Ausdruck findet und sich im höheren Maße darin verwirklicht. So findet durch das Gemein- gut das menschliche Ich sich selbst tiefer und umfassender im menschlichen Wir...