~~ CHRISTLICH - SOZIALE POSITION ~~ ~~~ ~~~ INITIATIVE MENSCH & ARBEIT ~~~~~~~~~~~~~

~ Logik des Schenkens ~



Die ganzheitliche Entwicklung von der Benedikt XVI. spricht, kann sich nur entfalten in der Gemeinschaft und in der Bereitschaft, in ihr und für sie Verantwortung zu übernehmen.

"... Mit den Überlegungen zum Verhältnis von Gerechtigkeit und Liebe greift der Text eine Thematik auf, die zum "Urgestein der Sozialverkündigung und ihrer Beschäftigung mit den Themen der Marktwirtschaft gehören. Zugleich sezt Benedikt XVI. neue Akzente: Einerseits erfordert Liebe die Gerechigtkeit, auf der anderen Seite überbietet die Liebe die Gerechtigkeit und "vervollständigt sie in der Logik des Gebens und Vergebens". Er knüpft an die klassische Definition von Gerechtigkeit als "jedem das Seine" an, wenn es weiter heißt, "lieben ist schenken, dem anderen von dem geben, was 'mein' ist; aber sie ist nie ohne die Gerechtigkeit, die mich dazu bewegt, dem anderen zu geben, was 'sein' ist". Das Gemeinwohl versteht der Papst als ein Erfodernis der Gerechtigkeit und der Liebe. Es geht um die Gestaltung der sozialen Gemeinschaft, der Polis, um Stärkung und Schutz aller Institutionen des gesellschaftlichen Lebens. Hierfür wiederum hält der Papst die Nächstenliebe für unverzichtbar und spricht vom "institutionellen - wir können auch sagen politischen - Weg der Nächstenliebe". Solchem Handeln kommt höchste Bedeutung zu:  Es trägt "zum Aufbau jener universellen Stadt Gottes bei, auf die sich die Geschichte der Menschheitsfamilie zubewegt". Engagement für das Gemeinwohl der Menschheitsfamilie macht die "Stadt des Menschen zu einer vor- ausdeutenden Antizipation der grenzenlosen Stadt Gottes".




Die ganzheitliche Entwicklung kann nur menschlich sein, wenn sie frei ist. Sie kann sich nur entfalten in der Gemeinschaft, in der Bereitschaft, in ihr und für sie Verantwortung zu übernehmen, getragen von einer vernunft- und wahrheitsgelei- teten Liebe. Eine ganzheitliche Entwicklung ist zugleich auch offen für die tranzen- dente Dimension. In deren Leugnung sieht der Papst die Gefahr der "Unterjochung des Menschen", der zu einem "Mittel für die Entwicklung herabgewürdigt wird", während die Offenheit für den Glauben und das Evangelium dem Menschen erst seinen vollen Wert und seine höchste Berufung erschließt.

Wenn die Grundaussage lautet, daß im Mittelpunkt allen wirtschaftlichen Handelns der Mensch und die Sorge um seine humane Entwicklung stehen, dann reformu- liert Benedikt hier einen zentralen Grundsatz sozialethischer Tradition. Dieser Maßstab verlangt bei bei allen Einzelfragen Beachtung. Zugleich wird verständlich, daß vor dem Hindergrund der aktuellen Krise nicht nur von wirtschaftlichen Aspekten zu sprechen ist, sonder vielmehr auch Fragen der weltweiten Armut, der Migration, des Finanzmarktes, der Steuern, aber auch des wissenschaftlichen Fortschritts, der technischen Machbarkeit, des persönlich-privaten und familiären Lebens und des Lebensschutzes behandelt werden. Damit sind Bereiche tangiert, ...

(Ursula Nothelle-Wildfeuer, Foto unten, Lehrstuhl für Christliche Gesellschaftslehre, Universität Freiburg, Rheinischer Merkur, 28, 2009, Ausschnitt)



"Da der Staat die Sorge für die Solidarität nicht allein tragen kann, bedarf es, so der Papst - und die Akzentuierung dieses Aspekts ist neu in der Sozialverkündigung der Kirche - der Zivilgesellschaft. Sie ist zumindest unter den Bedingungen der Gegen- wart zur Realisierung von Gerechtigkeit unabdingbar. Sie ist es, die nach Benedikt XVI. die Dimension der Unentgeltlichkeit, die Logik des Geschenks ohne Gegen-leistung", einbringt. "In der Zeit der Globalisierung kann die Wirtschaftstätigkeit nicht auf die Unentgeltlichkeit verzichten, die die Solidarität und das Verantwor- tungsbewußtsein für die Gerechtigkeit und das Gemeinwohl in seinen verschie- denen Subjekten und Akteuren verbreitet und nährt." Daß diese Unentgeltlichkeit nicht zu verordnen ist, weiß der Papst, daß aber sowohl der Markt als auch die Po- litik Menschen brauchen, die zu dieser Unentgeltlichkeit - insbesondere im Zei- talter der Globalisierung - bereit sind, betont er in aller Deutlichkeit..."