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Unsere Esskultur beruht auf Missbrauch



Michael Pollan

(1955 - )



(Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 7, 2009/Fragen  Ursula Heinzelmann/ Auszug) "...In Ihren Bücher und dem Film  "Food Inc." zeigen Sie, daß es ziemlich erschreckende Folgen haben könnte, wenn wir bei unseren gegenwärtigen Eßge- wohnheiten bleiben.

Pollan: Ich glaube nicht, daß das überhaupt möglich ist, weil unsere gegenwärtige Eßkultur auf so viel Leid beruht, so viel Mißbrauch der Erde und der Menschen, die unsere Nahrung erzeugen, daß sie einfach nicht nachhaltig ist. Und wenn wir etwas nicht nachhaltig bezeichnen, dann heißt das, da es selbst Bedingungen zer- stört, auf denen es beruht - und daher zusammenbrechen wird. Ich denke, wir sehen bereits Anzeichen dafür, daß das Nahrungsmittelsystem allmählich kolla- biert. Nehmen Sie etwa die zunehmende Resistenz gegenüber Antibiotika, die sich auf unsere Art der Massenhaltung von Schweinen zurückführen läßt...

FAS: Wird die "Nahrungsmittelblase" sonst platzen, wie es gerade in der Finanzwelt geschehen ist?

Pollan: In gewisser Weise beruht die Nahrungsmittelblase auf billiger Energie, bil- ligem Öl, denn wir erzeugen unser Essen eigentlich, indem wir Öl ins Land pumpen, und wir haben letztes Jahr gemerkt, wie die Nahrungsmittelpreise in die Höhe ge- schossen sind, weil der Ölpreis stieg. Überall auf der Welt haben Menschen gehun- gert und hungern noch immer. Meine Botschaft an die politische Führung de-  Ver- einigten Staaten und anderer Länder lautet: Wenn sie tatsächlich das Thema Kli- maveränderung anpacken wollen und die Krise im Gesundheitswesen, dann müs- sen sie sich mit dem Nahrungsmittelsystem beschäftigen, denn diese Frage steht hinter all diesen anderen Problemen...


FAS: Mais spielt eine sehr bedeutende aber keine positive Rolle in Ihren Büchern und dem Film - worin besteht Ihr Problem mit Mais?

Ich habe nicht das geringste Problem mit Mais als Nahrungsmittel, ich liebe zum Beispiel Polenta. Ich wende mich aber gegen die riesigen Monokulturen von In- dustriemais, der kein Nahrungsmittel ist, sondern nur Rohstoff für die Lebens- mittelindustrie. Der wird zu Glucose-Fructose-Sirup verarbeitet und all den selt- samen Inhaltstoffen, die auf den Verpackungen auftauchen. Ich habe keine Ein- wände gegen Nahrungsmittel, solange es in vernünftigen Mengen angebaut und verzehrt wird. Aber Mais wird in derart kolossalen Ausmaßen angebaut, daß er zusammen mit Sojabohnen praktisch alle anderen Pflanzen aus der Landwirtschaft Amerikas verdrängt hat. Zu viel von egal was ist aber schlecht, weil wir Allesfresser sind. Wir brauchen von Natur aus fünfzig bis hundert verschiedene chemische Stofffe, die alle in der Natur vorhanden sind - aber eben nicht in einer einzigen Pflanze wie dem Mais...

Aber meiner Meinung nach müssen wir auch die Kosten (der Industriealisierung der Landwirtschaft) betrachten, und die bestehen in der Erosion des Bodens und in der Verarmung derjenigen, die unsere Nahrungsmitte erzeugen. Außerdem ist die Situation heute eine andere. Auf Bio-Anbau umzustellen bedeutet nicht weniger Produktivität -  Bio-Anbau ist heute extrem effizient. Es gibt Studien, die zeigen, daß die Erträge vergleichbar sind, und in Jahren mit extremen Wetterbedingungen sogar zuverlässiger, weil das ganze System robuster ist... Um besser zu essen, müs- sen wir entweder mehr Zeit oder mehr Geld investieren. Im Amerika geben wir durchschnittlich nur 9,5 Prozent unseres Einkommens für Nahrung aus, das ist der niedrigste Wert in der Geschichte der Menschheit, und das ist nicht realistisch... Aber Dächer (als Potenzial zur Nahrungsmittelerzeugung in den Städten) sind noch viel interessanter; es gibt Forschungen zum Gemüseanbau auf Dächern. Und je knapper das Öl wird, desto wichtiger wird es, Äcker in der Nähe der Städte zu er- halten. So, wie man Naturschutzgebiete nicht als Bauland nutzen darf, werden wir auch für Äcker Schutzregeln schaffen müssen. Wissen Sie, ich glaube nicht, daß uns eine Wahl bleibt. Die Vorstellung, unser Essen um den halben Erdball zu trans-portieren, wird sehr bald kurios erscheinen. Vermute ich.

Omnivore's Dilemma: What should we have for dinner? The question has confronted us since man discovered fire, but according to Michael Pollan, the bestselling author of the Botany of Desire, how we answer it today, at the dawn of the twenty-fist cen- tury, may well determine our very survival as a species. Should we eat a fast-food ham- burger? Something organic? Or perhaps something we hunt, gather, or grow ourselves? the omnivore's dilemma has returned with a vengeance, as the modern American super- market and the fast-food outlet confronts us with a bewildering and treacherous food landscape. What's at stake in our eating choices is not only our own and our children's health, but the health of the environment that sustains life on earth.

In this groundbreaking book, one of America's most fascinating, original, and elegant writers turns his own omnivorous mind to the seemingly straightforward question of what we should have for dinner. To find out, Pollan follows each of the food chains that substain us - industrial food, organic or alternativ food, and food we forage ourselves -from the source to a final meal, and in the process develops a definitve account of the American way of eating. His absorbing narrative takes us from Iowa cornfields to food-science laboraties, from freedlots and fast-food restaurants to organic farms and hunting grounds, always emphasizing our dynamic coevolutionary relationshiph with the handful of plant and animal species we depend on. Each time Pollan sits down to a meal, he deploys his unique blend of personal and investigative journalism to trace the origins of everything consumed, revealing what we unwittingly ingest and explaining how our taste for particular foods and flavours reflects our evolutionary inheritance.

The surprising answers Pollan offers to the simple question posed by this book have pro- found politcal, economic, psychological, and even moral implications for all of us. Beautifuly written and thrillingly argued, The Omnivore's Dilemma promises to change the way we think about the politics and pleasure of eating. For anyone who reads it, dinner will never again look, r taste, quite the same.  (www.  michaelpollan.  com)

Einige Pollan-Regeln (FAS)


Eat food
Not too much
Mostly plants, especially leaves
Eat like an omnivore
Pay more, eat less
Do all your eating at a table
Try not to eat alone


Cook and, if you can, plant a garden



Avoid food products containing ingredients
 that are a)unfamiliar, b) unpronounceable,
c) more than five in number, or that include
d) high-fructose syrup


Avoid food products that make health claims


Get out of the supermarket whenever
possible


Iß frische Lebensmittel

Nicht zu viel
Vor allem Pflanzen, besonders Blätter
Iß wie ein Allesfresser
Zahle mehr, iß weniger
Iß immer an einem Tisch
Versuche, nicht alleine zu essen.


Koche und, wenn es dir möglich ist,
lege einen Garten an.


Vermeide Nahrungsmittel mit Inhalts-
stoffen, die a) dir nicht vertraut sind,
 b) unaussprechbar sind, c) mehr als
fünf an der Zahl sind oder d) Glucose-
Fructose-Sirup enthalten.

Vermeide Nahrungsmittel mit gesund-
heitsbezogenen Behauptungen.

Laß den Supermarkt so oft wie mög-
lich links liegen.